Zur Person
Carola Lilienthal hat an der Uni Hamburg in Informatik promoviert. Heute ist sie Geschäftsführerin der WPS – Workplace Solutions. Hier entwickeln 130 Kolleg:innen Kunden-Software. Sie hält regelmäßig Vorträge auf Konferenzen und hat ein Buch über Langlebige Softwarearchitektur geschrieben.
Was hat Dich in den MINT-Bereich geführt?
Ich habe in der Schulzeit meine Liebe zu Logik und dem Lösen von Problemen entdeckt. Der Computer und das Programmieren hat mich magisch angezogen. Mein Vater hat mir, als ich 15 Jahre alt war, einen Comodore64 gekauft und ich habe mich voller Begeisterung ins Programmieren gestürzt. An meinem Gymnasium gab es Computerkurse, die ich ebenfalls besucht habe.
Kamst Du direkt oder auf Umwegen zu deinem jetzigen Beruf?
Nach dem Abitur habe ich zur Sicherheit erst einmal eine Banklehre gemacht, bevor ich das Informatik-Studium angefangen habe.
Wir glauben, dass es für Frauen eine gute Zeit ist, in die Tech-Branche einzusteigen - wie siehst Du das?
Ich glaube grundsätzlich, dass die Tech-Branche für Frauen viel zu bieten hat. Viele Frauen lieben Ordnung und Logik und die Kommunikation mit Menschen. All das wird in der Tech-Branche dringend gebraucht. Seit jeher.
Warum gibt es Deiner Meinung nach dennoch so wenige Frauen in der Tech-Branche?
Die Tech-Branche hat leider nicht das passende Image, um junge Frauen anzuziehen. Seit den 80er-Jahren verbindet man mit der Tech-Branche Nerds, die alleine zu Hause vor ihrem Rechner sitzen. Unsere größte Aufgabe ist, dieses Image zu verändern und Frauen die Möglichkeiten und Chancen in dieser Branche deutlich zu machen.
Welche Hürden müssen Frauen heute in ihrer Tech-Karriere überwinden?
Ist die erste Hürde genommen, dass sich Frauen erst einmal gar nicht an diesen Beruf herantrauen, ist man mit weiteren Hürden konfrontiert: die Ausgrenzung aus Männergruppen, die meist unbewußt vonstatten geht; die eigene Wahrnehmung, dass man Dinge nicht ausreichend kann; die von außen, also von Vorgesetzen und Kollegen vermittelte Wahrnehmung, dass Frauen Dinge nicht können.
Gibt es Menschen, die Dich auf Deinem Weg in der Tech-Branche gefördert haben?
Ich hatte viele Unterstützer – männliche und weibliche und meine Eltern, die mir als alleinerziehende Mutter sehr viel geholfen haben. Außerdem möchte ich Christiane Floyd hervorheben, meine Doktormutter und erste Professorin für Informatik im deutschsprachigen Raum. Ohne Christiane wäre ich heute nicht da, wo ich in meiner Karriere angekommen bin.
Wer inspiriert Dich? Hast Du Vorbilder?
Mich hat Christiane Floyd inspiriert. Sie ist als alleinerziehnde Mutter Professorin für Informatik in Berlin und später in Hamburg gewesen. In Ihrem Beruf ist sie mit ihrem engagierten und empatischen Wesen für eine menschengerechte Gestaltung von Software eingetreten. Darüber hinaus hat sie sich für Frauen in Entwicklungsländern engagiert und in Äthiopien die universitäre Ausbildung mit aufgebaut.
Außerdem treffe ich immer wieder Frauen in der IT-Branche, bei denen man merkt: Sie machen das, was sie immer machen wollten. Der Job macht ihnen Spaß – sie zweifeln nicht daran, dass sie können, was sie machen. Sie sind gleichzeitig empathisch und bringen ihren weiblichen Umgang in die männliche IT-Welt mit ein. Das ist toll!
Welche Tipps und Tricks empfiehlst Du?
Mein Tipp für alle Frauen ist: Findet das Thema für das Ihr Euch richtig begeistern könnt und werdet Expertinnen für dieses Thema. Dann könnt Ihr ohne Sorge, Vorträge auf Konferenzen zu Eurem Herzensthema halten und Eure Karriere auf diesem Thema aufbauen.
Gibt es Unterstützungsangebote, die Du empfehlen kannst?
Ich habe verschiedene Workshops und Training mitgemacht, wo es darum ging, wie sich Frauen in Männergruppen behaupten. Das kann ich jeder Frau empfehlen. Es gibt eine ganze Reihe von Angeboten im Internet dazu.